Reinigungsmittel für die Luft
OH-Radikale sind sehr reaktive Moleküle und wichtige Oxidationsmittel in der Atmosphäre. Wir bezeichnen sie manchmal als Reinigungsmittel für die Luft, da OH mit vielen Spurengasen reagiert und sie dadurch oxidiert und aus der Atmosphäre entfernt. Zu diesen Spurengasen gehören Emissionen aus menschlichen Aktivitäten und natürlichen Quellen, einschließlich Treibhausgasen und potenziell gesundheitsschädlichen Stoffen.
Direkte Messungen von OH sind jedoch selten und schwer umzusetzen. Die Kenntnis der OH-Konzentration und ihrer tageszeitlichen Schwankungen ist jedoch der Schlüssel zum Verständnis der Luftchemie an der Schnittstelle zwischen dem Regenwald und der Atmosphäre.
OH-Radikale entstehen, wenn die Sonnenstrahlung Ozonmoleküle aufspaltet und atomaren Sauerstoff erzeugt. Dieser reagiert dann weiter mit Wassermolekülen und bildet OH. In den Tropen ist die Sonneneinstrahlung hoch und es ist sehr feucht. Das bedeutet, dass die Voraussetzungen für die Bildung von OH gut erfüllt sind. So werden über dem Amazonas-Regenwald viele OH-Radikale gebildet.
Ein Problem in eine Lösung verwandeln
Gleichzeitig ist diese Region eine große Quelle für biogene flüchtige organische Verbindungen (BVOC). Sie reagieren überwiegend mit OH-Radikalen, wodurch sowohl OH als auch BVOC durch die Bildung anderer Verbindungen aus der Atmosphäre entfernt werden. Dieser Prozess bereitet den globalen Atmosphärenmodellen in dieser Region Probleme, da sie dazu neigen, die BVOC-Mischungsverhältnisse zu überbewerten.
Um dieses Problem zu lösen, nutzten Akima Ringsdorf und Achim Edtbauer aus der Arbeitsgruppe von Jonathan Williams am MPI-C die Reaktion von OH mit BVOCs. Messungen von BVOCs sind einfacher durchzuführen als die von OH und werden standardmäßig bei ATTO gesammelt. Das Team hat die BVOC-Konzentrationen in drei Höhen (80, 150 und 325 m) entlang des ATTO-Turms mit einem Protonentransfer-Massenspektrometer gemessen. Mit diesem Instrument können viele BVOC kontinuierlich und in Echtzeit nachgewiesen werden. Dazu gehört auch Isopren, das am häufigsten vorkommende BVOC, das von Wäldern emittiert wird.
Sie beobachteten, dass die Isoprenkonzentration mit zunehmender Höhe abnimmt. Das ist plausibel, denn je höher man kommt, desto weiter entfernt ist man von der Quelle, vor allem von den Baumkronen. Außerdem wird Isopren durch die Reaktion mit OH-Radikalen abgebaut, wenn sich die luftgetragenen BVOCs aus dem Kronendach nach oben bewegen. Daher kann man die OH-Menge berechnen, die notwendig ist, um die beobachtete Abnahme von Isopren zu erreichen. Man muss aber auch die Zeit kennen, in der Isopren während des Transports zwischen 80 und 325 m OH ausgesetzt ist, d. h. die Zeit, die die Luft brauchte, um turbulent zur Spitze des Turms zu gelangen.
Hilfe von der Spracherkennung erhalten
Akima Ringsdorf und ihre Kollegen mussten eine neue Methode entwickeln, um diese Reaktion abzuschätzen. Sie berücksichtigt die Aufwärm- und Abkühlungsbewegungen, die sich aus der Erwärmung der unteren Atmosphäre während des Tages ergeben. Für diese neue Methode griffen sie auf das Gebiet der Spracherkennung zurück. Sie adaptierten eine Technik namens ‚Dynamical Time Warping‘ für die Anwendung auf atmosphärische Parameter. Mit Hilfe des Dynamical Time Warping konnten sie die zeitliche Verschiebung zwischen der täglichen Entwicklung der potenziellen Temperatur in 80 und 325 m Höhe untersuchen und die Zeit quantifizieren, die für die Ausbreitung der Wärme nach oben benötigt wird.
Die Berechnung der OH-Konzentration aus dem Verbleib von Isopren innerhalb der abgeleiteten Durchmischungszeit stellt dann eine weitere Herausforderung dar. Die Abnahme des Isoprens mit der Höhe resultiert nicht nur aus der Entfernung durch OH. Die Stärke der Isoprenemission in der Baumkronenebene beeinflusst dies ebenso wie der Eintrag von isoprenfreier Luft aus darüber liegenden Schichten und die turbulente Durchmischung dieser Luftmassen. Um den Einfluss dieser dynamischen Prozesse auf die beobachtete Abnahme von Isopren zu bestimmen, verwendeten sie ein Modell welches die Turbulenz berücksichtigt.
Die sich daraus ergebende tägliche Zeitreihe von OH zeigt die höchsten Konzentrationen gegen 14:00 Uhr Ortszeit mit Konzentrationen von bis zu 2,2 Millionen Molekülen pro Kubikzentimeter. Dies ist eine gute Übereinstimmung mit Messungen von OH in ähnlichen Umgebungen. Für turmgestützte Messstellen ist die entwickelte Methode daher ein guter Ersatz, wenn keine direkten OH-Messungen verfügbar sind.
Schließlich verglichen Akima und ihre Kolleg*innen ihre aus Isoprenmessungen berechneten OH-Werte mit Werten, die von atmosphärischen Modellen vorhergesagt wurden. In den ersten 380 m über dem Kronendach stellen sie große Unterschiede zwischen den Modellergebnissen fest, während in höheren Lagen eine bessere Übereinstimmung zu verzeichnen ist. Sie kommen daher zu dem Schluss, dass die Region, die durch ein hohes Kronendach gekennzeichnet ist, aufgrund der komplexen atmosphärischen Chemie und Dynamik immer noch schwer genau zu modellieren ist.
Akima Ringsdorf et al. veröffentlichten die Studie “Inferring the diurnal variability of OH radical concentrations over the Amazon from BVOC measurements” Open Access in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Nature Scientific Reports.
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