Welche Rolle spielen Fallwinde für das Turbulenzregime im Amazonasgebiet?

Gewitter sind in den Tropen, einschließlich des Amazonas-Regenwaldes, häufig. Sie erzeugen oft Fallwinde mit extremen Windböen, die durch Entlaubung, Abknicken und/oder Entwurzelung zu weitreichenden Schäden und zum Absterben von Bäumen führen können. Aber welche Rolle spielt die Struktur der Atmosphäre, und wie verändert sie sich im Laufe der Zeit? In einer neuen Studie analysierten Anne Mendonça, Cléo Quaresma, Daniel Marra und ihre Mitautoren im Rahmen des ATTO-INVENTA-Projekts verschiedene Turbulenzregime am Standort ZF2. Sie untersuchten auch, wie die Turbulenz mit dem Auftreten von Fallwinden und Windböen zusammenhängt.

Zunächst ist es wichtig zu betrachten, unter welchen Bedingungen der Wald mit der Atmosphäre gekoppelt ist. Der Austausch zwischen der Luft innerhalb des Waldes und der Luft in der darüber liegenden Atmosphäre findet nur statt, wenn Turbulenzen für eine kontinuierliche Durchmischung sorgen. Ohne Turbulenzen könnte es zu einer Schichtung der Atmosphäre kommen, zwischen denen kaum ein Austausch stattfindet, so wie Öl und Wasser, die nicht umgerührt werden, um sich zu vermischen.

Gewitter im zentralen Amazonasgebiet bringen starken Regen und extreme Windböen mit sich. © Antonio Huxley

Letzteres ist im Amazonasgebiet häufig in der Nacht der Fall. Konvektive Stürme mit den dazugehörigen Fallwinden treten jedoch auch in der Nacht auf. Aus diesem Grund konzentrierten sich die Forschenden in dieser Studie auf die Nachtstunden. Sie beobachteten zwei gegensätzliche Regime: das sehr stabile Regime und das instabile Regime. Das sehr stabile Regime ist durch wenig bis gar keine Turbulenzen und somit durch eine sehr geringe Durchmischung gekennzeichnet. Das instabile Regime hingegen führt zu einer viel besseren Kopplung zwischen dem Wald und der Atmosphäre aufgrund der kontinuierlichen Turbulenz.

Ein Schwellenwert der Windgeschwindigkeit markiert den Übergang zwischen den Regimen. Dieser Schwellenwert ist jedoch nicht immer gleich. Stattdessen ändert er sich mit der Höhe über dem Kronendach des Waldes und auch mit der Jahreszeit. So ist der Schwellenwert für die Windgeschwindigkeit in der Trockenzeit höher als in der Regenzeit. Außerdem ist er in größeren Höhen höher. Mit anderen Worten: In der Trockenzeit sind höhere Windgeschwindigkeiten erforderlich, um in das instabile Regime überzugehen.

Außerdem spielen die Struktur und die Unebenheit des Kronendachs des Waldes eine Rolle. Im Vergleich zu anderen Studien stellte das Team fest, dass geringere Windgeschwindigkeiten erforderlich waren, um die Schwelle von einem Regime zum anderen zu überschreiten. Die Forschenden schlossen daraus, dass dies auf die größere turbulente Durchmischung bei einer bestimmten mittleren Windgeschwindigkeit zurückzuführen ist. Dies könnte auf die raue Oberfläche des Amazonaswaldes zurückzuführen sein.

Anne Mendonça und ihre Kollegen fanden heraus, dass extreme Windböen, die mit konvektiven Fallwinden einhergehen, häufig den Übergang des Turbulenzregimes von sehr stabil zu instabil einleiten. Starke Winde sind dann in der Lage, sich in das Kronendach des Waldes auszubreiten. Dort haben sie das Potenzial, Bäume zu schädigen.

Eine kleine Waldlichtung, die durch extreme Windböen entstanden ist, die in die Baumkronen eingedrungen sind. © INVENTA/ATTO

Abschließend kombinierten sie ihre Daten mit denen einer anderen Studie, in der die kritischen Windgeschwindigkeiten abgeschätzt wurden, die zum Umstürzen von Bäumen erforderlich sind. Dazu führten sie lokale Windexperimente und Modellierungen durch. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass Fallwinde in der Regenzeit schwere Schäden verursachen können. Das Team ermittelte Windgeschwindigkeiten von bis zu 15 m/s in der Regenzeit. In der Trockenzeit erreichten die Windgeschwindigkeiten nur 7,5 m/s. In der Regenzeit hatten diese Winde, die sich bei Fallwinden ausbreiteten, ein etwa viermal höheres Zerstörungspotenzial als in Nächten ohne Fallwinde. Winde, welche die kritische Windgeschwindigkeit überschreiten, führen jedoch nicht zwangsläufig zu Baumschäden und -sterben. Weitere Studien sind erforderlich, um die Häufigkeit solcher Böen und die Beziehung zwischen Geschwindigkeit und Schwere der Störung zu beschreiben.

Mendonça et al. veröffentlichten die Studie “Turbulence regimes in the nocturnal roughness sublayer: Interaction with deep convection and tree mortality in the Amazon” in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Agricultural and Forest Meteorology.

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